1.12. – 10.12. 14

Train

Folge 48 / 52
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Folge 48 Train

Memphis ist die Stadt des Blues und des Rock’n’Roll. Viele berühmte Musiker wie B. B. King, Memphis Minnie und nicht zuletzt Elvis Presley haben hier ihre Platten aufgenommen. Wir machen uns auf die Suche nach dem Zauber der alten Zeiten, nach Strassenmusikern, urigen Plattenläden, verrückten Leuten. Doch entlang der Fassaden der berühmten Beale Street fanden wir nichts als teures Bier und Andenkenläden.

Die Stereo Alley war in den 60ern berühmt für ihre laute Musik und spontane Tanzparties. Heute findet man hier nur noch das Pfeifen das Windes und überfüllte Müllcontainer.

Mitten in Downtown Memphis liefen uns Foots und Jed über den Weg. Foots' Hund Poodle lag wie ein Pelz um seinen Hals und an Jeds Rucksack baumelte ein Banjo – für uns Grund genug, sie einfach anzusprechen. Die beiden Freunde bezeichnen sich als Hobos, Vagabunden. Sie ziehen durch das Land, springen auf Güterzüge, machen Musik und verdienen sich mit kleinen Jobs etwas dazu. Sie kamen aus Illinois und fuhren in den Süden um der Winterkälte zu entfliehen. In Memphis machten sie sich auf die Suche nach einem Güterzug nach New Orleans. Wir beschlossen, sie ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten.

Während der 1920er und 30er Jahre erreichte das Trainhopping in den USA seinen Höhepunkt. Die damaligen Hobos waren Wanderarbeiter, die sich ein Ticket in einem Passagierzug nicht leisten konnten. Seit einigen Jahren gibt es in den USA eine Hobo-Renaissance... Die Hobos von heute sind meist auf der Suche nach Freiheit fernab eines gut gepolsterten, bürgerlichen Lebens.

Foots hat keine Papiere, weiß nicht wann und wo er geboren ist. Seit seinem sechzehnten Lebensjahr reist er immer wieder quer durch die USA. Seine erste Reise auf einem Güterzug ereignete sich ganz zufällig: Als 11jähriger spielte er an den Gleisen und kletterte in einen Zug, der sich auf einmal in Bewegung setzte. Er kam schließlich in Chicago an, wo ein Unbekannter ihn aufgabelte und nach Hause fuhr.

Foots kennt Jed seit seinem 16. Lebensjahr. Es ist erst das zweite Mal, dass Jed als blinder Passagier entlang der Eisenbahnlinien durch die USA reist. Er lässt drei Kinder und seine Frau zurück und fühlt sich sehr zerrissen zwischen seiner Verantwortung als Vater und seinen schlechten Erinnerungen an den Familienalltag der letzten Jahre, der ihm die Luft zum Atmen nahm. “Es gibt mehr da draußen als Rechnungen zahlen, bis du stirbst” - sagte er immer und immer wieder. Die exponierte Existenz, das Draußensein ohne Netz und doppelten Boden, findet er mit Foots auf den Gleisen und in den großen Städten fern von seinem ländlichen Heimatort in Illinois.