17.11. – 23.11. 14

Östlich von Java

Folge 46 / 52
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Folge 46 Östlich von Java

Seit fast sieben Monaten sind wir nun auf Reisen. Es wird euch vielleicht nicht überraschen, wenn wir zugeben, dass uns manchmal die Lust vergeht und wir uns nach Bekanntem sehnen. So ging es uns zum Beispiel, als John darauf bestand, ein Mal im Warung Schnitzel zu essen. Zum Schnitzel gab es zwar Limette statt Zitrone und Kartoffelpüree statt Kartoffelsalat, aber trotzdem war das Schnitzel ganz lecker. Man konnte auch die ganze Zeit hören, wie in der Küche das Schnitzel plattgeklopft wurde.

Überhaupt waren wir uns nicht sicher, ob wir nach Bali reisen sollten. Denn mindestens Seit „Eat, Pray, Love“ wird von vielen Reisenden berichtet, die Insel sei nun touristisch ganz „überlaufen“ und daher verdorben. Wir finden es aber merkwürdig, dass solche Einwände nur gegen Reiseziele in Entwicklungsländern und nie gegen Rom, Paris oder gar Berlin angeführt werden. Das mag einerseits purer Exotismus sein, der Wunsch, einer der ersten zu sein, die Kontakt mit den angeblich „Wilden“ aufnehmen. Andererseits ist es an solchen Orten tatsächlich schwer, andere als touristische Begegnungen zu haben. Das heißt, man wird von fast allen nur als Kunde gesehen, und die meisten Versuche, Menschen auf anderer, menschlicher Basis (oder vielleicht „anders menschlicher Basis“?) zu begegnen werden missverstanden. Die Gastgeber, die einen empfangen, glauben schon besser als man selbst zu wissen, was man sucht und was einem gefallen wird. Versucht man zu erklären, dass man nicht unbedingt den schönsten Ort, um den Sonnenuntergang zu betrachten, oder das „primitivste“ traditionelle Dorf sucht, sondern eine Person, die eine interessante Geschichte zu erzählen hat, wird einem immer ein ausgebildeter Reiseleiter empfohlen. Das ist einerseits selbstverständlich (und auch ein Problem, mit dem wir besser umgehen könnten, wenn wir die indonesische Sprache beherrschen würden), andererseits ist für die Art, wie wir am liebsten Filme machen würden, sehr frustrierend. Die einzige Lösung, die wir bisher gefunden haben, habt ihr schon in der vorigen Folge am Ijen-Vulkan gesehen, wo wir den Tourismus selbst zum Thema machten.

Für uns waren die zwei schönsten Momente der letzten Woche die Vorstellung im Wayang Kulit Theater und die Begegnung mit Karmil, dem Kapitän der Karmila. Auch beim Wayang Kulit Theater kamen wir dem zweischneidigen Phänomen des Tourismus in Berührung. Denn wie man in der Folge sieht, ist der 80-jährige Puppenspieler gezwungen, kurze witzige Momente in englischer Sprache (typische Straßengespräche zwischen Touristen und Taxi-Fahrern oder Ladenbetreibern) in seine traditionellen Hindu-Geschichten einzubringen, denn das Publikum setzt sich fast ausschließlich aus Touristen zusammen, die durch ihre Neugier auf eine Kunstform, die vom Aussterben bedroht ist, eine wirtschaftliche Basis bieten.

Hier sieht man Karmils Schlafzimmer. Er wohnt mit seiner Frau und zwei Kindern auf der Karmila.

Um Karmil zu finden mussten wir am Hafen erst hartnäckig die Angebote mehrerer Makler und Schlepper ablehnen. Wir spazierten bis zum Ende es Kais und sahen ihn auf der Karmila sitzen. Wir betrachten uns erst lange schüchtern, winkten uns dann gegenseitig zu. Mit dem Smartphone gelang es uns endlich, einige Sätze ins Indonesische zu übersetzen und so konnten wir für den nächsten Tag einen Plan ausmachen. Als Karmil im Dunkeln das Boot wieder in den Hafen steuerte, staunten wir darüber, wie nah man sich einem Menschen fühlen kann, mit dem man kaum fünf Worte ausgetauscht hat.